BMVI: Lärmvorsorge durch Elektrifizierung

27. Juli 2017
Bei der Elektrifizierung der TEN-T-Strecke Regensburg-Hof in der Oberpfalz war/ist es strittig, ob durch die Elektrifizierung ein Anspruch auf Lärmvorsorge ausgelöst wird. Das EBA vertritt die Auffassung, dass eine Elektrifizierung keine solchen Ansprüche auslöse, da es sich nicht um eine wesentliche Änderung i.S.d. 16. BImSchV handele.

Die Proteste der Anwohner, unterstützt von den Kommunen und den Mandatsträgern, haben jetzt scheinbar Erfolg gehabt. Nach Berichten der Mittelbayerischen Zeitung vom 26. Juli 2017 und vom 27. Juli 2017 sowie von Onetz.de soll das BMVI aufgrund eigener Prognosen zu dem Ergebnis gelangt sein, dass infolge der Elektrifizierung mit einem deutlichen Anstieg des Schienenverkehrs zu rechnen sei.

Die Mittelbayerische Zeitung schreibt dazu: „Dies rechtfertige den Schritt, das Eisenbahnbundesamt zum Ausbau des Lärmschutzes zu verpflichten. Der Minister sicherte dabei auch die Finanzierung der Maßnahme zu.“

Und Onetz.de schreibt: „Der CSU-Politiker [Anm: Bundesverkehrsminister Dobrindt] erteilt dem Eisenbahn-Bundesamt die juristische Vorgabe, dass die Elektrifizierung des sogenannten „Ostkorridors Süd“ einen „wesentlichen baulichen Eingriff“ darstellt – und die alleinige Ursache dafür ist, dass das Verkehrsaufkommen massiv zunimmt…Der Lärmschutz, so die Zusage des Bundesverkehrsministers, fließt bereits in die anstehende Planfeststellung ein.“

Das BMVI geht mit dieser Interpretation einer „wesentlichen Änderung“ den bereits vom BVerwG im U. vom 18.7.2013, Az. 7 A 9.12, vorgezeichneten Weg weiter, wonach der „Begriff des erheblichen baulichen Eingriffs darüber hinaus zukünftig funktional dahingehend auszulegen [ist], dass ein derartiger Eingriff immer dann anzunehmen ist, wenn durch die Baumaßnahmen die vorausgesetzte oder planerisch gewollte Leistungsfähigkeit des Verkehrsweges erhöht wird (siehe dazu auch EBA-Verfügung 23.10-23pv/003-2300#018 vom 23.7.2014).

Während bislang aber eine wesentliche Änderung nur dann bejaht wurde, wenn ein Eingriff an den Gleisen selbst vorgenommen wurde, soll nach den Presseberichten diese Beschränkung nicht mehr gelten. Vielmehr scheinen nun auch andere bauliche Maßnahmen wie eine Elektrifizierung, in deren Folge es zu Mehrverkehr kommt, unter den Begriff der „wesentlichen Änderung“ zu fallen.

Damit wäre aber nicht mehr einsichtig, weshalb nicht auch z.B. signaltechnische Maßnahmen (z.B. Einführung eines Gleiswechselbetriebs), die fast generell eine erhebliche Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit ermöglichen, zu Lärmvorsorgeansprüchen führen sollten. Ob auch die Einführung eines ESTW per se zu einem Mehrverkehr führt, dürfte weiterhin stark vom Einzelfall abhängen. Eine netzweite Verdichtung der Zugfolge ist aber ohne ESTW nicht möglich.

Erstellt von L.Steininger, info[at]infoline-bahnlaerm[punkt]de