Forderungen – Entwurf Stand 30.01.2018

Die Forderungen der BVS für ein umfassendes Lärmschutz- und Sicherheitskonzept an den Bundesgesetzgeber

Vorbemerkung:
Ziel ist es, ein umfassendes Lärmschutz- und Sicherheitskonzept zu entwickeln, das bundesweit und unabhängig von örtlichen Besonderheiten umgesetzt werden und das vom Bundesgesetzgeber schrittweise umgesetzt werden kann. Für die praktische Implementierung bestimmter Maßnahmen kann u.a. auf die von Prof. Hecht im April 2017 vorgeschlagene technische Konzept für  besonders lärmarme Güterwagen zurückgegriffen werden.
Die unten vorgestellte Forderungen können vielfach auch innerhalb anderer Gesetze als vorgeschlagen umgesetzt werden. Die Gruppierung dient nur der Übersichtlilchkeit.

Immissionsschutzrecht:

  • Absenkung der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV um etwa 10 dB(A) gemäß den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung (Zielwert der WHO von 40 dB(A) nachts, außen)
  • Einführung eines Spitzenpegelkriterium, damit Gesundheitsbeeinträchtigungen sicher vermieden werden
  • Lärmschutzmaßnahmen sind nicht nur nach rechnerischer, sondern ergänzend auch nach messtechnischer Ermittlung der Immissionen zu bemessen
  • Einführung eines Unsicherheitszuschlags im Berechnungsverfahren für Schienenlärm
  • Schaffung eines Anspruch auf Lärmvorsorge bei jeder Art baulicher oder signaltechnischer Ertüchtigung einer Strecke, die zu einer Erhöhung der Kapazität und/oder Leistungsfähigkeit führen kann
  • Streichung des „Baugruben-Modells“, Schaffung eines Anspruchs auf Lärmvorsorge für alle Netzabschnitte, für die infolge einer örtlichen Neu/Ausbaumaßnahme eine Zunahme des Lärms prognostiziert wird
  • Schaffung eines Rechtsanspruchs auf „übergesetzlichen„ Lärmschutz für alle Ausbauvorhaben an TEN-T-Strecken; zweckgebundener Einsatz aller EU-Fördermittel für den Ausbau der TEN-T-Strecken für Immissionsschutzmaßnahmen.
  • Schaffung eines gesetzlichen Anspruchs auf Lärmsanierung, Herabsetzung der Lärmsanierungszielwerte auf die Vorsorgewerte der 16. BImSchV; Anspruch auf vollständigen Abschluss der Lärmsanierung an Bahnstrecken innerhalb von längstens 10 Jahren
  • Vollständige Abschaffung des Schienenbonus in allen gesetzlichen Regelwerken ab sofort und ohne Übergangsfristen, auch mit Wirkung für DIN/VDI/ISO-Normen
  • Umsetzung der bereits in der vorigen Koalitionsvereinbarung versprochenen verkehrsträgerübergreifenden Gesamtlärmbetrachtung
  • Herabsetzung der Innenraum-Schutzziele auf 25/35 dB(A) nachts/tags sowie Einführung eines Spitzenpegelkriterium, damit Gesundheitsbeeinträchtigungen sicher vermieden werden
  • Die Kosten für den dauerhaften Unterhalt und die Erneuerung von Maßnahmen des passiven Lärmschutzes sind vom Vorhabenträger vollständig zu entschädigen (auf Lebenszeit der passiven Schutzmaßnahmen)
  • Streichung des Schienenbonus beim sek. Luftschall
  • Gesamtlärmbetrachtung im Innenraum unter Einbeziehung des sek. Luftschalls sowie den Geräuschen von raumlufttechnischen Anlagen, die wegen dauerhaft geschlossen zu haltender Fenster erforderlich sind.
  • Schaffung eines Rechtsanspruchs auf „Erschütterungssanierung“ an Bestandsstrecken; Einführung von gesetzlichen Immissionsgrenzwerten für Erschütterungen und sek. Luftschall bei gleicher Schutzhöhe für Bestandsstrecken wie Neubauten und geänderten Strecken
  • Einführung eines Antragsrechts auf Einführung oder Überprüfung „innovativer Maßnahmen“ in der Berechnungsvorschrift Schall03 auch für Umweltverbände; Beteiligung von Umweltverbänden im Anerkennungsverfahren des EBA für „innovative Maßnahmen“
  • Einführung eines Antragsrechts für Umweltverbände auf Überprüfung der Richtigkeit des Rechenverfahrens und der Zahlenansätze für die Berechnung des Schienenlärm (Schall 03) durch das EBA und Beteiligung der Umweltverbände im Überprüfungsverfahren
  • Keine Aufweichung der Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm
  • Einführung von Immissionsrichtwerten mit Maximalpegelkriterium für Innenräume in die AVV Baulärm
  • Genehmigungspflichtigkeit unvermeidbarer nächtlicher Bauarbeiten der DB Netz AG, bei denen die Immissionsrichtwerte (außen oder innen) der AVV Baulärm überschritten werden, durch das EBA mit vorheriger Anhörung der Betroffenen; vermeidbare nächtliche Bauarbeiten, bei denen die Immissionsrichtwerte überschritten werden, sind grundsätzlich nicht genehmigungsfähig
  • Schaffung eines Rechtsanspruchs bei unvermeidbaren nächtlichen Bauarbeiten der DB Netz AG, bei denen die Immissionsrichtwerte (außen oder innen) der AVV Baulärm überschritten werden, auf Erstattung der Aufwendungen für den vorübergehenden außerhäusigen Aufenthalt (tags und/oder nachts; Hotelkosten, Fahrtkosten, Verdienstausfälle), wobei der Baustellenbetreiber in Vorleistung zu treten hat (Hotelgutscheine, Organisation von Transporten von/zu Hotels etc.)
  • Entschädigung der Wertminderung von Immobilien bei Überschreiten der Grenzwerte der 16. BImSchV, hilfsweise Begründung eines Anspruch auf Übernahme der Immobilie
  • Stärkere Gewichtung des Trennungsgebots und städtebaulicher Belange bei der Abwägung zwischen Ausbau und Neubau von Bahnstrecken

Eisenbahnrecht:

  • Schaffung einer Eingriffsbefugnis des EBA für die Anordnung betrieblicher Beschränkungen bei Überschreiten der grundrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen (70/60 dB(A) tags/nachts), z.B. nächtliche Fahrverbote für Güterwagen mit nicht-eilbedürftigen Gütern (z.B. Hausmülltransporte von Italien zu deutschen MVAs)
  • Verpflichtende Einführung eines Vollabschlusses mit Gefahrenraumfreimeldung an allen BÜ innerhalb von 10 Jahren (siehe ETR 2017, Heft März, S. 12ff.)
  • Verpflichtung zur innerörtlichen Einzäunung von Bahnanlagen (Vermeidung von unbefugten Zutritten, die häufig zu Unglücksfällen mit Todesfolge führen; Verminderung der ca. 800 jährlichen Suizide in Deutschland)
  • Beschränkung der Vorbeifahrgeschwindigkeit an Bahnsteigen auf max. 160 km/h, keine Gestattung von Sondergenehmigungen für Vorbeifahrten mit höheren Geschwindigkeiten; gelb/schwarze (nicht weiße) Warnmarkierungen an den Bahnsteigkanten mind. in xx cm Abstand von der Bahnsteigkante
  • GGVSE: Verbot des Transports besonders gefährlicher Güter durch Ballungsräume (Flüssig-Chlor, Phosgen, Methylisocyanat)
  • GGVSE: Verpflichtende monatliche Berichte der EIU über die auf ihren Gleisen transportierten gefährlichen Güter; Veröffentlichung dieser Berichte im Internet
  • Wirksamere Gestaltung des lärmabhängigen Trassenpreissystem durch eine stärkere Spreizung der Trassenpreise. Bei bestehender Trassenalternative dürfen Güterzüge nur noch im Ausnahmefall die innerörtliche Trasse benutzen (siehe z.B. Katzenbergtunnel)

Eisenbahnfinanzierungsrecht:

  • Verpflichtung zur Beschaffung besonders lärmarmer Fahrzeuge bei Ausschreibungen des SPNV
  • Schaffung einer gesetzlichen Verpflichtung für einen lärmminimierenden Bau und Unterhalt von Bahnstrecken als Voraussetzung für eine Finanzierung durch Bundesmittel im Rahmen der LuFV III

Verfahrensrecht:

  • Schaffung eines Rechtsrahmens für Verständigungen zwischen Bürgern und BMVI in projektbezogenen Dialogverfahren im Vorfeld von Planungsentscheidungen der zuständigen Behörde (Stichworte: „Offenburg“-Tunnel, Elektrifizierung in der Oberpfalz als wesentliche Änderung)
  • Schaffung eines gesetzlichen Vorrangs der Planfeststellung von Gesamtprojekten gegenüber (Mikro)Parzellierung in zahlreiche Planfeststellungsabschnitte
  • Verpflichtung zur Durchführung einer UVP bei lokalen Maßnahmen, die durch die Netzwirkung zu überörtlichen Kapazitätssteigerungen führt (z.B. für Maßnahmen des 740m-Programms)
  • Verpflichtung zur Durchführung einer UVP bei Leistungssteigerungen einer Strecke durch organisatorische und signaltechnische Maßnahmen; UPV-Pflicht bei kumulierenden Maßnahmen
  • Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Priorisierung und Planung von Art und Umfang von Lärmsanierungsmaßnahmen

EU-Recht:

  • Einbeziehung des Transports gefährlicher Güter auf der Schiene in den Geltungsbereich der Seveso-RL
  • Fahrverbot von GG-Fahrzeugen nach 2020
  • Zulassung von Neufahrzeugen nur noch mit Scheibenbremsen
  • Senkung der Lärmgrenzwerte bei Neufahrzeugen auf den fortgeschrittenen Stand der Technik
  • Begründung einer Verpflichtung zum lärmminimierenden Unterhalt von Schienenfahrzeugen